Medizinische Hilfe für Madagaskar e. V.
Medizinische Hilfe für Madagaskar e. V. 

Berichte über unsere Einsätze auf Madagaskar                                                                                  

2022  - 1. Einsatz nach der Pandemie

 

Reif für die Insel

Der Madagaskar-Einsatz im November 2022

Sambakiti ist gerade sechs Jahre alt und kann seit einiger Zeit nicht mehr laufen. Sie muss auf dem Rücken ihres Vaters getragen werden, wenn sie irgendwo hinmöchte. Vor etwa einem Jahr wurde heißes Wasser auf das schlafende Mädchen verschüttet und seitdem hat eine feste, dicke Narbe das linke Kniegelenk in einer Beugestellung fixiert. Während der Untersuchung steht sie auf dem gesundem Bein, lächelt schüchtern und hält die Hand ihres Vaters fest umklammert. Ob wir das Bein wieder gerade machen können?

Sie ist eine von über dreihundert Patienten, die wir gesehen und untersucht haben und sie ist eine der über 170 Personen, die wir letztendlich operieren konnten. Der Bedarf ist schier unendlich. Nach drei Jahren Pandemie, ökonomischer Krise und einer schlimmen Dürre, die die Ärmsten der Armen noch ärmer gemacht haben, wird unsere Hilfe mehr denn je gebraucht.

Knapp drei Jahre lang konnten wir wegen der Pandemie nicht nach Madagaskar einreisen und umso größer war die Freude, dass wir uns endlich wieder auf den Weg machen konnten. Das diesjährige Team bestand aus drei Chirurgen, drei Narkoseärzten und drei Schwestern. Mit im Gepäck: 360 kg medizinische Ausrüstung, jeweils 5 kg eigene Sachen und ganz viel Einsatzfreude.

Der Einsatz begann dieses Mal in dem von der Dürre schwer gebeutelten Süden der Insel. Am ersten Tag warteten 350 Personen darauf gesehen, untersucht und geheilt zu werden. Außerdem warteten etwa 20 Patienten aus Ambovenbe auf eine Operation. Die Stadt ist besonders von der Dürre betroffen und liegt etwa 4 Autostunden vom Krankenhaus in Manambaro entfernt. Die Patienten wurden von einer befreundeten brasilianischen Hilfsorganisation geschickt, damit wir sie operieren konnten. Der Operationsplan war schnell voll, die Warteliste für das Februar-Team auch. Wir haben unzählige Leistenbrüche, Narben nach Verbrennungen, angeborene Fehlbildungen und Tumore gesehen. Das meiste davon waren bekannte Erkrankungen, aber diverse Krankheitsbilder hatten wir bis dahin, wenn überhaupt, nur im Lehrbuch gesehen.

Wir fingen zügig mit der Arbeit an, sterilisierten die Instrumente, bauten unser Material auf und legten los. Der erste Tag verlief gut, es wurde viel und erfolgreich operiert. Alle waren sehr zufrieden. Am zweiten Tag brach der altersschwache Generator völlig zusammen. Der Notfallgenerator war lange nicht mehr im Einsatz gewesen und konnte nicht zum Leben erweckt werden. Fazit: kein Strom und somit kein Licht, keine sterilen Instrumente, keine Blutstillung und keine funktionierenden Spritzenpumpen oder Narkosegeräte. Der herbeigerufene Techniker schaute sorgenvoll den 1952 zusammengeschraubten Generator an und murmelte etwas von „Wiederbelebung zwecklos“. Mit anderen Worten: Weiterarbeiten nicht möglich. Die Stimmung sank bei allen Beteiligten auf mehrere Minusgrade.

Wir hatten ein massives Problem und suchten nach Lösungen. Somit beschlossen wir kurzerhand unser Geld zusammenzukratzen und dem Krankenhaus einen neuen Generator zu kaufen. Der Chefarzt fuhr persönlich mit dem Verwaltungschef in dem völlig schrottreifem Krankenhausauto auf einer Schlaglochpiste nach Fort Dauphin, um einen Generator und Diesel zu kaufen. Wir konnten nur beten, dass das Auto, ohne allzu oft liegen zu bleiben, den Weg nach Fort Dauphin und zurück vor Anbruch der Dunkelheit machen würde. Ein neues Auto für das Krankenhaus ist unser nächstes Projekt.

Viele Stunden (und ein paar Autopannen) später nahmen wir ein Geräusch wahr, das sich für uns wie eine liebliche Mozartmenuett anhörte: das Brummen des neuen Generators. Er hustete kurz, fing an zu schnurren und hauchte danach Leben in den Sterilisator, in die Op-Lampe und in das Narkosegerät. Die Arbeit konnte weitergehen!!!

Die kleine Sambakiti war eine der ersten, die operiert wurden. Um das Kniegelenk wieder gerade zu bekommen, wurde sie behutsam in Narkose gelegt und auf den Bauch gedreht. Die dicken Narben wurden entfernt, gesunde Haut in den Defekt hineingeschoben und der restliche Hautdefekt mit Vollhaut gedeckt. Um das Bein in einer Streckstellung zu fixieren, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Wir hatten keine Schienen, keinen Gips und keinen Orthopädietechniker, aber mit der Zeit wird man kreativ. Es wurde eine 1,5 l-Wasserflasche genommen, der Boden und der obere Teil abgeschnitten und anschließend längs aufgeschlitzt. Somit hatten wir eine gute Schiene, die an das Bein gewickelt werden konnte. Es wurden viele 0,5- bzw 1,5 l -Wasserflaschen zerschnitten, um Kinderarme und Kinderbeine zu schienen. Eine andere Art des Recyclings von Wasserflaschen!

Die Schiene kam nach einer guten Woche ab und die Kleine fing wieder an zu laufen. Nach einiger Übung konnte sie ohne Probleme das Kniegelenk bewegen und „normal“ laufen. Nach ein paar weiteren Tagen konnte sie, die Hand des Vaters fest umklammert, auf eigenen Füßen fröhlich in ihr abgelegenes Dorf zurückkehren.

In Manambaro konnten wir, mit Hilfe von der freundlichen Unterstützung des neuen ärztlichen Direktors und des neuen Generators, insgesamt 129 meist sehr junge Patienten operieren, davon 106 in Vollnarkose. Es wurden unter anderem 41 Gesichter, darunter 15 Lippen- und/oder Gaumenspalten, 14 Hände, 7 Verbrennungen an Ellenbogen, Knie- oder Schultergelenk, und 47 Leistenhernien operiert. Es waren lange, mit viel Arbeit gefüllte Tage, die wir spät abends vor unserem Gästehaus ausklingen ließen, mit dem Blick auf einen fantastischen Sternenhimmel. Unsere Unterkunft hat kein Strom und kein fließend Wasser aber dafür Geckos, Spinnen und Bettwanzen, aber das ist egal, wenn wir man mindestens 1000 Sterne hat...

Den zweiten Teil unseres Einsatzes verbrachten wir in dem kleinen Ort Ambovo, in der Nähe der Hauptstadt Antananarivo. Hier betreibt Tanja Hock, eine deutsche Hebamme, ein Krankenhaus, das nicht nur medizinische Hilfe vor Ort leistet, sondern auch für Lohn und Brot der hier ansässigen Menschen sorgt. Das eine ist mindestens genauso wichtig wie das andere.

Tanja und ihr Team hatten fleißig vorgearbeitet, die Patienten waren schon gesichtet und standen auf dem Op-Plan. Unsere Ärzte mussten lediglich einen Blick auf die kleinen Patienten werfen und und entscheiden, ob sie fit für eine Operation waren. Das Spektrum in Ambovo ist dem in Manambaro sehr ähnlich. Hier operierten wir 46 Patienten, davon 42 in Vollnarkose, darunter 20 Patienten mit Leisten- und/oder Nabelhernien, 6 Lippen- und Gaumenspalten, 4 Kontrakturen nach Verbrennung und viele Tumoren am Kopf.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist ein knapp 4-jähriges Mädchen, bei der wir vor 3 Jahren die Lippenspalte korrigiert hatten. Sie war damals nur ein paar Monate alt und wir hatten geplant im folgenden Jahr den Gaumen zu zumachen. Wegen Covid fiel das leider aus, und die Freude war nun groß, die Kleine wieder zu sehen und nun endlich den Gaumen reparieren zu können. Die Operation verlief ohne Probleme und am nächsten Tag konnte die Kleine endlich trinken, ohne dass ihr die Flüssigkeit aus der Nase lief. Die Augen strahlten und wir wurden mit einem fröhlichen Kinderlachen und einem „Daumen hoch“ begrüßt.

In den 14 Tagen auf Madagaskar wurden 175 Patienten operiert, davon 148 in Vollnarkose. Es hat fast immer Freude gemacht, aber am Ende fühlte sich der eine oder andere „reif für die Insel“.

Warum machen wir das alles? Um denen, die auf der Schattenseite des Lebens sind, ein wenig Licht zu schenken, aber auch um zu lernen: Über andere Kulturen, Sitten und Gebräuche, und über uns selber - Grenzen auszutesten und kreativ zu sein. Das, was wir tun mag nur ein Tropfen im Ozean sein, aber für diejenigen, denen wir helfen können, ist es das ganze Meer.

Ohne die Hilfe von vielen Unterstützern hätte dieser Einsatz nie stattfinden können:
Wir bedanken uns bei ProInterplast und Frau Stadtmüller, die den Einsatz finanziert hat, bei PrimaMed, die Material gespendet hat, bei Kiwanis Bad Schwartau, die den neuen Generator finanziert haben, bei der Klindwortapotheke in Bad Schwartau, die Medikamente gespendet haben, bei unserem fantastischen Übersetzer Mindaisoa, der einen großen Anteil an dem erfolgreichen Einsatz hatte, bei Frau Susanna Kinzel, die unermüdlich Kuscheltiere für die Kinder von Madagaskar genäht hat, bei allen Patientinnen und Patienten, die unsere Arbeit auf Madagaskar unterstützt haben und natürlich ganz besonders bei unseren Familien, die uns jedes Jahr auf die Insel ziehen lassen.

Dr. Gie Vandehult

Das Team: Antonia Bruns, Julia Fasold, Volker Galle, Susanne Glasner, Babak Mukhaberi, Katharina Neumann, Daniel Tilkorn, Gie Vandehult, Jelena Wittmann


 

 

 

So viele Patienten haben auf uns gewartet........

 

 

Einsatz Oktober / November 2019

 

 

 Helfen wo der Pfeffer wächst

Er ist fünf Jahre alt und lächelt uns mit einem breiten Grinsen an. Das ist ungewöhnlich. Die meisten Kinder, die wir untersuchen, haben verständlicherweise große Angst vor den grüngekleideten „Vazas“ die nicht nur seltsam aussehen, sondern auch komisch sprechen. Moza ist anders, er möchte einfach seinen linken Arm und seine linke Hand wieder benutzen können, die seit zwei Jahren nach einer Verbrennung völlig nutzlos an seiner Schulter hängen. Der linke Ellbogen ist durch Narben in einem 90-Grad-Winkel fest und das Handgelenk am seitlichen Unterarm fixiert. Er wird untersucht und vom Chirurgen und Anästhesisten für Op-fähig gehalten und anschließend vom Orthopädietechniker zwecks Schienenbehandlung ausgemessen. Die Op soll am nächsten Tag stattfinden. Er bekommt ein Bändchen um das Handgelenk, ein Kuscheltier in die Hand gedrückt und seine Mama die Information, bis wann er noch essen und trinken darf. Immer noch grinsend zieht er ab und winkt mit seiner gesunden Hand. Veloma, Tschüss, bis morgen!

Moza ist einer von insgesamt 175 Patienten, die wir in den kommenden 12 Tagen operieren werden. Über die Hälfte sind unter 6 Jahre alt. Sie leiden unter grotesk großen Leisten- oder Nabelhernien, unter Lippen- und Gaumenspalten, unter Tumoren an der Hand oder im Gesicht sowie an Narben nach Verbrennungen. Was alle gemeinsam haben, ist, dass sie sich niemals eine Operation hätten leisten können.

Madagaskar ist die viertgrößte Insel der Welt, mehr als doppelt so groß wie Deutschland. Hier leben etwa 26 Millionen Menschen. So ganz genau weiß das keiner. Der Staat gehört weltweit zu den zehn ärmsten Ländern, mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in 2018 von etwa 409 € pro Jahr. Zum Vergleich: in Deutschland beträgt das BIP 40.339 €.
Eine allgemeine Krankenversicherung existiert nicht. Die Regeln sind einfach: wenn du Geld hast, bekommst du medizinische Hilfe, wenn nicht, dann eben nicht.

Wir sind seit 2006 ein- bis zweimal im Jahr für jeweils zwei Wochen auf Madagaskar tätig und haben im Laufe der Jahre mehr als 3000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene operiert. „Wir“ sind ein Team von 8- 10 Personen, die keine Angst haben, ein paar Tage nicht duschen zu können, weil einfach kein Wasser da ist, und die nicht jaulen, wenn mal wieder der Strom ausfällt. Wir schimpfen nur ein bisschen, wenn die Bettwanzen uns in der Nacht als einladendes Buffet betrachten und einige von uns machen tatsächlich einen etwas größeren Bogen um die possierlichen Kakerlaken und handtellergroßen Spinnen.

Diese zwei Wochen sind nicht ganz einfach, verlangen viel Improvisationstalent und Teamfähigkeit, aber unter dem Strich ist es eine Win-Win-Situation für alle. Die Patienten bekommen eine neue Chance, ihr Leben zu gestalten, und wir lernen immer wieder Neues dazu.

Der Einsatz begann dieses Jahr in Manambaro, einem kleinen Städtchen im bitterarmen Süden des Landes. Das dort ansässige SALFA-Krankenhaus wird von einem Chirurgen und seiner Frau, einer Internistin, geleitet. Sie sind die einzigen Ärzte vor Ort und haben alle Hände voll zu tun.

Durch Ansagen in Kirchen und im Radio war im Vorfeld auf uns aufmerksam gemacht worden und somit warteten über 200 Menschen auf uns, die alle gesehen und behandelt werden wollten. Eine nicht ganz leichte Aufgabe, wenn nur wenige Quadratmeter zur Verfügung stehen, die Hitze brüllt, die Luft steht, der Schweiß nicht nur von der Stirn heruntertropft und der Gestank in jeder Ritze lauert.

Außerdem sind zwei Teammitglieder vorweg nach Ambovenbe, einer Stadt ca. 150 km westlich von Manambaro, gefahren, um dort Patienten zu sichten, die von Dr. Janaine gesammelt worden waren. Ihre Organisation „Fraternité Sans Frontiers“ hat es diesen Patienten möglich gemacht, uns zu sehen, und bezahlt im Fall einer geplanten Op den Transport nach Manambaro. Ein Kostenpunkt, der für viele unüberwindbar ist. Somit konnten wir dieses Jahr Patienten erreichen und behandeln, die wir sonst nie zu Gesicht bekommen hätten.

Nach mehreren schweißtreibenden Stunden Beratung und Sichtung waren die Op-Pläne voll und die Sonne untergegangen. Die Ausrüstung war aufgebaut und am nächsten Tag konnte es losgehen. Es sollten Operationen in Narkose an zwei Tischen stattfinden. Die Eingriffe in örtlicher Betäubung wurden im Röntgenraum durchgeführt. Hier stand auch unsere Energiequelle: eine Thermos-Kanne mit heißem Wasser, Kaffeepulver, Milchpulver und Kekse.

Moza schaute uns etwas verwundert an, als am nächsten Morgen die Anästhesieschwester ihm ein „Zauberpflaster“ in den Ellenbogen seines gesunden Armes klebte. 30 Minuten später trabte er fröhlich Hand in Hand mit ihr in den Op. Den venösen Zugang zu legen war kein Problem. Das Zauberpflaster hatte die Haut prima betäubt und er hatte weder Schmerzen noch Zeit Angst, als er gepiekst wurde. Nachdem er fest schlief, machten sich die plastischen Chirurgen ans Werk. Die Narben wurden gelöst, die Gelenke gerichtet und die fehlende Haut mit Vollhaut vom Unterbauch gedeckt. Der Orthopädietechniker baute eine Schiene und legte sie an. Als der kleine Mann wieder wach wurde, konnten weder er noch seine Mama ihren Augen glauben. Der Arm und das Handgelenk waren wieder gerade!

Nachdem wir 106 Patienten in Manambaro operiert und die Weiterbehandlung bei den ansässigen Kollegen besprochen hatten, sind wir nach Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars, weitergereist um dort in dem neu gebauten Krankenhaus der deutschen Hebamme Tanja Huck erstmalig zu operieren.

Wir haben über 13 Jahre auf Madagaskar in unterschiedlichen Krankenhäusern gearbeitet und erstaunliche hygienische und bauliche Verhältnisse erlebt. Es war schön zu erkennen, dass es auch anders geht. Die Sauberkeit und die Qualität der Ausrüstung in Tanja Hocks Krankenhaus gleicht dem eines westeuropäischen. Es war eine Freude dort zu operieren. Hier wurde auch an drei Tischen operiert, wobei der Schwerpunkt auf Hernien und Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten gelegt wurde. Tanja und ihr Team hatten bereits im Vorfeld das Op-Programm zusammengestellt und wir konnten somit einfach zügig loslegen.

In Tana wurden insgesamt 69 Patienten operiert, davon 32 Hernien und 17 LKG-Spalten sowie ein junger Mann, der mit einem Spaten seinen rechten großen Zeh fast abgetrennt hatte. Er hatte versucht, sich selber zu helfen, mit Alkohol, aber erfolglos. Somit kam er zu uns, um Hilfe zu bekommen. Offensichtlich erfolgreich, denn kurz nach der Operation lief er auf seinem frisch operierten Fuß los und verschwand.

Wir treffen auf viele Patienten, die Schlimmes durchmachen oder erlebt haben. Nicht allen können wir helfen. Es ist für uns furchtbar, jemanden abzuweisen, jemandem seine letzte Hoffnung zu nehmen - und es ist schwer zu verkraften. Wir versuchen dann, das Augenmerk auf diejenigen zu richten, den wir helfen können. Wie zum Beispiel dem jungen Mann, der von einem Auto erfasst wurde und durch Narben sein rechtes Auge nicht mehr schließen konnte. Durch das Rekonstruieren der Lider mit Haut vom Oberarm konnten wir ihm das Augenlicht bewahren und ihm ein neues Gesicht zaubern. Seine Freude, als er sich im Spiegel sah, ist nicht zu beschreiben.

Es ist ein Geschenk, diesen Menschen helfen zu können. Das ungläubige Staunen der Eltern, wenn sie ihr Kind nach einer Lippen-/Gaumenspalten-Operation wieder in den Armen halten, und das dankbare Lächeln, wenn endlich die Hernie oder die entstellenden Narben weg sind, ist die Triebkraft, die uns weiter machen lässt. Insgesamt ist unsere Arbeit nur ein Teelöffel Wasser im Ozean, aber für die betroffenen Menschen ist es das ganze Meer. Wir machen weiter, obwohl es nicht immer ganz einfach ist.

Das Team: Julia Fasold, Volker Galle, Holger Giritsch, Susanne Glasner, Alfred Klindwort, Marilena Lausegger, Jane Lienau, Babak Mokaberi, Nary Mokaberi, Jana Panther, Nina Siebert, Gie Vandehult

Danke!!! Dieser Einsatz wäre ohne die Unterstützung von Frau Stadtmüller, Vorsitzende von Pro Interplast, nicht möglich gewesen. Ohne die Hilfe und die Sachspenden von Herrn Rixen und Herrn Ruge, PrimaMed sowie der Klindwort-Apotheke, Bad Schwartau, hätten wir nicht operieren können. Danke an Frau Susanna Kinzel, deren selbstgenähte Kuscheltieren vielen Kindern Trost und Freude gespendet haben. Unser Dank geht auch an unseren Familien, Freunde, Patienten und allen Anderen, die dieses Projekt unterstützt haben.

Für das Team
Dr. Gie Vandehult

 

 

 

 

 

 

 

 

                 Moza

Einsatz November 2015

5:00 morgens, 19.11.2015 Flughafen Hamburg

 

 

Zurück zur Pfefferinsel

 

Frage: Was machen zehn Personen und 20 Aluminiumkisten morgens um fünf am Hamburger Flughafen?

Antwort: Sie fliegen zum 14. Mal nach Madagaskar, um dort zu operieren.

Frage: Warum?

Antwort: Weil sie, aller Schwierigkeiten zum Trotz, sich der bitterarmen Bevölkerung Madagaskars verpflichtet fühlen und um denen, die sich auf der Schattenseite des Lebens befinden, etwas Sonnenschein zu bringen.

 

Madagaskar: viertgrößte Insel der Welt (mehr als doppelt so groß wie Deutschland) mit etwa 22 Millionen Einwohnern. Es ist eines der ärmsten Länder der Welt. 93 % der Bevölkerung leben von weniger als drei Dollar am Tag. Ein staatliches Gesundheitswesen gibt es nicht. Kein Geld - keine Behandlung: Pech gehabt.

 

In diesem Setting sind wir seit 2006 zum 14. Mal hier. Eine Truppe Ärzte, Schwestern und ein Orthopädietechniker, die in der Hauptstadt Antananarivo und im bitterarmen Süden Madagaskars Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, Verbrennungen, Fehlbildungen und Hernien behandeln.

 

Unsere erste Station war das SALFA Krankenhaus "Ambohibao" in Antananarivo. Hier hatte Tanja Hock, eine deutsche Hebamme, die seit langem auf Madagaskar lebt, zusammen mit ihrer Truppe von "Mobile Hilfe Madagaskar" schon den Op-Plan vorbereitet. Nach vielen Jahren der Zusammenarbeit ist der Ablauf weitgehend reibungslos. Ein wahrer Segen, da immer neue Probleme auftauchen und nichts von alleine geht. Wir konnten sehr effektiv arbeiten und haben in kurzer Zeit 35 Operationen gemacht, unter anderem 9 Leistenhernien, 20 Lippen-/Gaumenspalten sowie 3 Kontrakturen nach Verbrennungen.

 

Unser Sonnenschein war die kleine Robertina. Wir hatten Sie im November 2014 kennengelernt. Ihre Mutter trug das fünfjährige Kind auf dem Rücken, da die Kleine seit einem Jahr nicht mehr laufen konnte. Der Fußrücken war in Folge einer Verbrennung am Unterschenkel vernarbt festgewachsen. Nach einer Operation und Schienenbehandlung im November 2014 und erneut im Februar 2015, kam sie jetzt hüpfend wie eine kleine Gazelle in die Klinik, um ihre roten Flip-Flops zu zeigen. Das Sprunggelenk ist stabil und gut beweglich. Sie kann damit sehr gut schmerzfrei laufen. Nun war das Kniegelenk dran, das sich nicht ganz strecken ließ. Neue Operation, neue Schiene, alles gut.

 

Die Reise ging weiter in den Süden des Landes. Das Krankenhaus Manambaro wurde 1953 fertiggestellt und hat seitdem viele Hochs und Tiefs erlebt. Wir haben einiges mitgemacht: Operieren ohne Strom und fließend Wasser. Invasionen von Käfern, Ameisen und endemischen Kakerlaken (wir dürfen nicht drauf treten, da sie einzigartig auf Madagaskar sind, aber das macht sie nicht unbedingt sympathisch).  Leider war bei unserer Ankunft die Pumpe des Brunnens ausgefallen, und wir hatten mal wieder nur fließend Wasser in Form von Regen, davon aber reichlich. Also hieß es, Eimer in den Regen zu stellen, um Regenwasser für die Katzenwäsche und die Toilettenspülung zu sammeln. Das wir nach ein paar Tagen nicht nach Chanel No. 5 gerochen haben, musste einfach billigend in Kauf genommen werden. Eine warme Dusche ist schon was feines...

 

Der neue Chefarzt des Krankenhauses, Dr. Heuric, begrüßte uns auf Gehstützen wegen einer gerissenen Achillessehne. Nach dem er mit seinem kaputten Fuß sein Op-Programm (zwei Kaiserschnitte und eine Unterleiboperation) schnell fertig operiert hatte, konnten wir ihn kurzerhand auf den Op-Tisch legen und die Sehne nähen. Unser Orthopädietechniker baute eine schicke Schiene und wir hoffen, dass alles gut verheilen wird. 

 

Dr. Heuric hat in der kurzen Zeit, seitdem er das Krankenhaus leitet, vieles auf den Weg gebracht. Wir wünschen uns sehr, dass er bleibt. Es würde der ganzen Region ausgesprochen gut tun, endlich einen exzellenten Chirurgen, der nicht nur operieren, sondern auch ein Krankenhaus leiten kann, zu haben.

 

Es wurden weit über 200 Patienten gesichtet. Wir sind mit einer, gefühlt endlosen, Bandbreite von Erkrankungen konfrontiert worden. Alles von schweren Verbrennungen, über grotesk große Leistenhernien, bis zu ungewollter Kinderlosigkeit und der Bitte, den untreuen Ehemann so zu operieren, dass er nicht mehr fremdgeht, waren dabei.

 

Letztendlich haben wir 103 Operationen in Manambaro durchgeführt. Davon waren unter anderem 34 Hernien, 7 Kontrakturen nach Verbrennungen, 17 handchirurgische Eingriffe, 27 Tumoren am Kopf und (leider nur) 2 Lippenspalten. Die Anästhesisten haben unter einfachsten Bedingungen 100 Vollnarkosen bei zum Teil sehr kleinen Kindern gemacht. Ein Viertel der Kinder waren jünger als drei Jahre, 50% unter zehn Jahren.

 

Auch hier hatten wir einen kleinen Sonnenstrahl, namens Bon Chance. Der sechsjährige Strahlemann war im Februar von einem Auto angefahren worden und hatte eine riesige Hautdefektverletzung am rechten Fuß, die nicht heilen wollte, und seit Monaten das Laufen unmöglich machte.  Nach Debridement und Hautdefektdeckung, heilte die Wunde gut zu. Er lernte schnell wieder zu laufen und lächelte jedem vergnügt zu.  Nach der Entlassung wurde sein strahlendes Lächeln und sein sonniges Gemüt von allen vermisst.

 

Es gibt noch viel zu tun. Da nicht genügend Matratzen vorhanden sind, müssen Patienten müssen zum Teil auf dem Boden schlafen oder direkt auf den Sprungfedern der Betten. Unser Team beschloss, auf eigene Kosten fünf Matratzen in Fort Dauphin zu besorgen, die äußerst dankbar von der Klinikleitung und den Patienten entgegengenommen  wurden.  Es fehlen Medikamente, Verbandsmaterial, chirurgische Instrumente, Schulungen in Schmerztherapie, Hygieneausbildung usw, usw Die "To-do-Liste" kann seitenlang erweitert werden. Es wird aber langsam besser. Das "Februarteam" wird in drei Monaten wieder hier sein und unser "Novemberteam" ist in einem Jahr wieder da. Es gibt viel zu tun, packen wir es an!

 

Das Team "November 2015" : Volker Galle, Susanne Glasner, Gie Vandehult, Julia Fasold, Gabi Pfeiffer, Thomas Lange, Michel Sasieta von Ameln, Silvia Marwede, Lars Hilpert, Jane Lienau

Bon Chance postoperativ mit liegendem Schmerzkatheter

Einsatz November 2013

Madagaskar im November 2013

 

 

Helfen wo der Pfeffer wächst

 

Ihr wollt schon wieder nach Madagaskar? Es muss doch langweilig werden, immer wieder auf dasselbe Inselchen zu reisen, oder?

 

Die Fragen sind einfach zu beantworten: Ja, wir fahren wieder nach Madagaskar, und nein es wird nie langweilig. Es handelt sich hier nicht um ein Inselchen, sondern um die viertgroesste Insel der Welt, deutlich größer als Deutschland. Hier leben über 20 Millionen Menschen, zum Teil in bitterster Armut. Das durchnittliche Jahreseinkommen beträgt weniger als 400 Dollar was bedeutet, dass Madagaskar zu den ärmsten Ländern der Welt gehört. Die medizinische Versorgung sieht sehr schlecht aus. Nur Derjenige, der genügend Geld hat, kann sich medizinische Hilfe leisten, wer keines besitzt, hat und ist verloren. Leider gibt es sehr viele Verlierer...

 

Wir sind nun zum achten Mal nach Madagaskar gereist, um in der Hauptstadt Antananarivo und in dem kleinen Ort Manambaro, die Ärmsten der Armen zu operieren. Da wir nur wenig Verbrauchsmaterial vor Ort kaufen können, müssen wir fast alles was wir zum Operieren brauchen, mitnehmen. Zum Beispiel Operationsinstrumente, Narkosematerial, Tupfer, Kompressen, Spritzen, Pflaster, Medikamente und -nicht zu vergessen-Kuscheltiere und Spielzeugautos. Da kommen schnell über 300kg zusammen.

 

Unsere erste Station war das Ambohibao Krankenhaus in Antananarivo. Tanja Hock, eine deutsche Hebamme, die seit vielen Jahren mit ihrer Familie auf Madagaskar lebt, hatte zuvor die Sichtung gemacht und das Op-Programm zusammengestellt. Vorgesehen waren kleine und große Patienten mit Lippen- und Gaumenspalten, Bewegungseinschränkungen nach Verbrennungen, angebohrenen Fehlbildungen sowie Leisten-, Nabel- und Wasserbrüchen. Insgesamt standen über 40 Patienten auf dem Plan. Alles Kinder und junge Erwachsene, wobei jeder Einzelne einen ganz besonderen Schicksalsschlag erlitten hatte und auf Hilfe hoffte. Wir konnten leider nicht allen helfen. Es tut in der Seele weh, wenn die Hoffnung, die einem entgegengebracht wird in den Augen der Hilfesuchenden erlischt. Das Leben kann so ungerecht sein.

 

Das erste Kind war eine Herausforderung. Die kleine Roaminsoa war drei Monate zuvor mit einer doppelten Lippenspalte geboren worden und wog jetzt knapp 3kg. Wegen der massiv gespaltenen Lippe war das Stillen nicht möglich, da sie keinen Sog an der Brust aufbauen konnte. Die junge Mutter musste Milch aus der Brust drücken und es dem Kind tröpfchenweise geben. Bei so einem kleinen untergewichtigen Kind ist alles sehr fein und zart. Es war nicht ganz einfach unter den dort herrschenden Bedingungen die Narkose zu machen und die Lippe zu verschließen. Sowohl der Anästhesist, als auch die Chirurgin sind gut ins Schwitzen gekommen- und das nicht nur wegen der Hitze... Um so größer war die Freude, als die Mutter kurz nach der Operation erfolgreich das kleine Mädchen an die Brust legte und es endlich "normal" trinken konnte.

 

Dadurch, dass wir regelmäßig kommen, verlassen sich die Patienten darauf, dass sie wiederkommen können, um weitere Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wir hatten letztes Jahr bei einem kleinen Jungen eine riesige Brandwunde am Brustkorb verschlossen. Dieses Jahr war die linke Schulter dran. Durch die Verbrennung hatte sich eine derbe Narbe gebildet, sodass der linke Arm nicht gehoben werde konnte. Durch das Lösen der Narbe und das Anlegen einer Schiene konnte die Beweglichkeit weitgehend wiederhergestellt werden.

 

Nach insgesamt 42 Operationen in 4 Tagen verabschiedeten wir uns aus Tana und flogen mit unserem, nun etwas leichteren Gepäck nach Fort Dauphin im bitterarmen Süden der Insel. Unser Ziel, das Krankenhaus in Manambaro, liegt etwa 30km westlich von Fort Dauphin. Um dort hinzukommen, bedarf es Allradantrieb, viel Geduld und Zeit. Auf dem Weg sind wassergefüllte Schlaglöcher, so gross, das es kein Problem ist, darin Schwimmunterricht zu geben. Eine der Brücken hatte das Zeitliche gesegnet und wird seit einem Jahr erneuert. Um über den Fluss zu kommen hat man einige Gusseisenelemente zusammengedengelt und eine Art "Autofähre" gebastelt. Der Weg zum Krankenhaus ist Abenteuer pur, dagegen erscheint Indiana Jones ein reiner Anfänger!

 

Das Krankenhaus in Manambaro wurde 1952 von norwegischen und amerikanischen Missionaren gebaut und galt bis Mitte 1970 als eines der bekanntesten Krankenhäuser Madagaskars. Nach der Revolution hat es viel von seinem Glanz verloren, geniesst aber nach wie vor einen sehr guten Ruf. Die dort ansässigen Ärzte (zwei Chirurgen und drei Internisten) arbeiten ohne fließend Wasser und oft ohne Strom. Wasser gibt es nur aus Eimern und Strom nur, wenn der Generator läuft und nicht gerade kaputt ist. Es werden Operationen wie Kaiserschnitte und Blinddärme operiert und das ganze Register der Tropenerkrankungen behandelt. Unser Team unterrichtet das Personal vor Ort in Kinder-Chirurgieund -Anästhesie, sowie in in plastischer Chirurgie.

 

Es stellten sich etwa 100 Patienten am ersten Tag zur Sichtung vor. In einem kleinen stickigen Flur, wo eine Glühbirne von der Decke baumelt, werden Patienten vom Chirurgen, Anästhesisten und dem Orthopädietechniker untersucht und daraufhin die Operation sowie die Weiterbehandlung geplant. Innerhalb weniger Stunden war der Op-Plan für die nächsten 10 Tage weitgehend gefüllt.  In Manambaro operieren wir auf zwei Op-Tischen in einem Op-Saal.

 

Von den knapp 90 Patienten, die wir in Manambaro operierten, sind uns zwei besonders in Erinnerung geblieben:

 

Die 16 Monate alte Varananianasoa wurde über 40 km auf dem Rücken ihrer Mutter getragen um sie zu uns zu bringen, nicht wissend, ob sie es zeitlich schaffen würde, bevor wir abreisen. Die Kleine lächelte uns scheu an und ihre gespaltene Lippe flatterte dabei in allen Richtungen. Die Mutter hielt uns ihre Tochter hin und flüsterte ”Misotra” (Bitte). Es wurde nicht lange diskutiert. Eine Op-Planänderung wurde vorgenommen und die Kleine bekam am nächsten Tag einen Op-Termin. Das Leben des Mädchens wurde binnen weniger Stunden drastisch verändert. Durch den Verschluss des Gaumens und der Lippe wurde ihr die Möglichkeit gegeben ein ”normales” Leben auf Madagaskar zu führen. Das Kind, welches nach der Operationin die Arme der Mutter gelegt wurde, hatte nun ein Gesicht bekommen. Die Mutter schaute es glücklich an und ein paar Stunden nach dem Eingriff hob sie ihre kleine Tochter auf den Rücken, nahm ihre größere Tochter an die Hand und lief die 40 km zurück in ihr Dorf.

 

Der fünfjährige Julien lief uns breitbeinig entgegen. Wir dachten erst, dass er eine Verletzung am Knie oder an der Hüfte hatte, aber nach dem der Vater das Höschen herunter gezogen hatte, war klar, was das Laufen behinderte. Ein Teil des Darmes hatte sich in das Skrotum verlagert, was zu einem grotesk vergrößerten Hodensack führte. Vater und Sohn baten eindringlich um Hilfe. Nach dem der Darm operativ wieder in den Bauchraum verlagert worden war und der Hodensack auf ein normales Maß gebracht wurde, war das Glück groß. Sowohl Vater als auch Sohn schauten immer wieder nach, ob alles in richtiger Größe und an richtiger Stelle saß.

 

 

Wir haben in zwei Wochen 133 Patienten operiert, davon waren 61 Kinder jünger als 10 Jahre. Es wurden unter anderem 36 Gaumen und Lippen verschlossen, 32 Narben nach Verbrennungen behandelt und 22 Hernien operiert.

 

Es ist eine Freude hier arbeiten zu dürfen, um den Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurden, ein wenig Licht zu bringen.

 

Um unsere Arbeit zu ermöglichen, haben viele geholfen! Wir danken FrauHuck -pro-interplast Seligenstadt e.V., Tanja Hock in Antananarivo, Maria Damer, Norbert Determann und Przemko in Fort Dauphin, dem Rotary Club Lübecker Bucht-Timmendorfer Strand, Michael Triebig - 3T-Reisen e.K.,Herrn Rixen und Herrn Behrens, den Firmen Klindwort-Medical GmbH und prima-med GmbH und Co. KG sowie allen anderen Spendern.

 

Das Team: Dr. Volker Galle, Dr. Susanne Glasner, Dr. Michel Sasieta von Ameln, Dr. Marlies Burmeister, Alfred Klindwort, Gabi Pfeiffer, Axel Holland und Dr. Gie Vandehult.

 

Berichte über Spendenaktionen

2012 Bericht über die Spendenaktion Haja

Nach 7 Monaten Behandlung in Deutschland Haja wieder zu Hause im Juli 2012

In der Hauptstadt Antananarivo werden wir von einer deutschen Hebamme, Frau Tanja Hock und ihrer Hilfsorganisation „Mobile Hilfe Madagaskar“ unterstützt. Ohne die Hilfe von Tanja und ihrem Team könnten wir nur halb so effektiv arbeiten. Die Patienten werden durch Radio und Zeitungen, sowie Aushängen in den Missionsstationen über unsere Ankunft informiert. Tanja und ihr Team treffen die Vorauswahl der Patienten, holen uns vom Flughafen ab. Sie organisieren den Transport der Patienten und sind maßgeblich an der Nachsorge der Patienten beteiligt

 

Ein wichtiger madagassischer Mitarbeiter dieses Teams, Haja Rakotomanandray, 36 Jahre alt, Vater von 2 kleinen Kindern (2 und 7 Jahre) ist seit 2007 an einem Hodgkin-Lymphom erkrankt. Nach überstandener Chemotherapie und Bestrahlung kam es zum Stillstand der Erkrankung. Leider ist dieses Lymphom im Herbst 2011 wieder aufgetreten und hat seine Wirbelsäule befallen, sodass eine akute Querschnittslähmung drohte.


Dankenswerterweise hatte das Marienkrankenhaus Hamburg die komplette Verantwortung für die medizinische Behandlung in Deutschland übernommen, sodaß Haja überhaupt ein Visum bekommen konnte. 

Bei seiner Ankunft in Hamburg am 21.12.2011 ging es ihm sehr schlecht, da er unter unerträglichen Schmerzen litt und schon sehr viel Gewicht verloren hatte.

Am 10.07.2012 konnten wir Haja mit gutem Gewissen in seine Heimat Madagaskar zurückfliegen lassen:

Er war absolut schmerzfrei, hatte 9 kg Gewicht zugenommen und konnte sich wieder ohne Einschränkungen bewegen. Seinen kleinen Sohn konnte er bei seiner Ankunft problemlos auf den Arm nehmen.

Die Kosten für Hajas medizinische Behandlung in Hamburg wurden zum großen Teil vom Marienkrankenhaus und außerdem von vielen Spendern getragen.

 

Wir wollen uns ganz herzlich bei allen Unterstützern und Helfern bedanken. 

 

Wir weisen auf diesem Wege noch auf die Homepage der NGO von Tanja Hock (Hajas Arbeitgeberin auf Madagaskar) hin: www.mobile-hilfe-madagaskar.de dort führt ein Link zu einem kürzlich ausgestrahlten, sehr interessanten Bericht des ZDF über das "Hebammenmobil". 

Bericht Einsatz 2009

2009

Tonga soa!! Herzlich willkommen auf Madagassisch. Und herzlich willkommen sind wir wirklich. Kaum aus dem Flugzeug entfleucht begrüßt uns der Duft von Madagaskar: eine Mischung aus Vanille, Pfeffer, gekochtem Reis, Schweiß, Dreck und aus exotischen Gewürzen. Unverwechselbar. Mittlerweile ist es fast ein bisschen wie nach Hause zu kommen.

Madagaskar ist die viertgrößte Insel der Erde und liegt östlich von Mocambique. Das Land wurde Ende 2008/ Anfang 2009 von politischen Unruhen geschüttelt und ist eines der ärmsten Länder der Welt. Ein funktionierendes Gesundheitswesen ist weitgehend nicht vorhanden. Die Regeln sind daher sehr einfach: Wer kein Geld hat wird nicht behandelt. Punkt.

Wir sind wieder da, wie versprochen, und zwar zum vierten Mal. Am Flugplatz warten, trotz später Stunde,  schon Freunde und Personal vom Krankenhaus, um uns mit unseren 16 – insgesamt 402 kg schweren - Alukisten zu helfen.

Nicht nur fest eingeplante Patienten wurden behandelt. Mehrere frisch verbrannte Säuglinge wurden uns vorgestellt behandelt. Brandverletzungen sind hier, wo am offenen Feuer gekocht werden muss, leider ein massives Problem.

Wir operierten zunächst in der Hauptstadt Antananarivo. Unserer zweiter Einsatzort war Manambaro, ein Dorf westlich der Industriestadt Fort Dauphin in dem bitterarmen Süden Madagaskars. Hier wurde 1952 von französischen und amerikanischen Missionaren ein Krankenhaus errichtet, das bis in die 70er Jahre als Referenzkrankenhaus für ganz Süd-Madagaskar galt. Nach dem Rausschmiss der Weißen in Folge der Revolution, Mitte 1970, verfiel die Institution langsam aber sicher. Heute hat das Krankenhaus 40 Betten, einen Chefarzt, zwei Assistentinnen, ab und zu Strom und fließend Wasser sowie ein paar wirklich kranke Patienten.

Am ersten Tag warteten über 200 Patienten in der kleinen Kapelle und draußen auf dem Rasen auf uns. Wir sichteten mehrere Stunden, während 2 unserer Narkoseärzte und der Op-Pfleger aus Ihren Kisten ein ambulantes Lazarett zauberten. Hier gibt es nichts. Wir müssen alles, aber auch wirklich alles, aus Deutschland mitnehmen.

Die Sichtung der Patienten, und die Entscheidung, wer operiert werden kann und wer nicht, ist dass schwierigste am ganzen Einsatz. Es stellen sich sehr viele Patienten vor, die große Hoffnung auf Hilfe durch uns haben und die wir leider enttäuschen müssen. Gerade bei den Gehbehinderten, die zum Teil auf den Knien zu uns hereinrutschen, ist die Aussicht auf eine gelungene operative Therapie fast gleich Null. Wir sehen hier Krankheitsbilder, die mit drei Zeilen in unseren Lehrbüchern erwähnt werden, und die wir extrem selten oder seit den 50er Jahren eher nie mehr in Deutschland zu Gesicht bekommen.

Insgesamt operierten wir 130 Patienten. Überwiegend Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten und Klumpfüßen. Auffällig war die Zunahme der Patienten mit Bewegungseinschränkungen der Extremitäten nach Brandverletzungen: Fäuste, die nicht geöffnet, Ellenbeugen und Schultergelenke die durch den Narbenzug nicht oder nur wenig bewegt werden konnten. Ein großes Problem waren Wunden, die nicht zuheilten. Es gibt nur wenige Familien die keine Brandverletzten zu beklagen hatten. Nach einer Verbrennung muss es irgendwie heilen und wenn nicht, laufen die Menschen oft viele Monate mit offenen Wunden herum. Geld für eine medizinische Behandlung ist schlicht nicht vorhanden.  Die Folgen sind verheerend.

Ein 10-jähriger Junge stellte sich wegen einer Bewegungseinschränkung in der linken Schulter nach einer Verbrennung vor. Er konnte den linken Oberarm nicht vom  Brustkorb weg bewegen. Dieser war wie festgeklebt. Die ganze linke Seite - Gesicht, Arm, Rumpf und Oberschenkel - waren voller Narben. Was er für Schmerzen gehabt haben muss,  ist nicht vorstellbar.

Um dem Jungen eine Bewegung im Schultergelenk zu ermöglichen, wurden Narben gelöst, Hautlappen geschwenkt und Vollhaut transplantiert.  Eine Schiene wurde aus Op-Kittel und Schlauchverbänden gebastelt und brachte dem Jungen ins Staunen. Es ist allerdings die Frage, was für ihn am Ende am erstaunlichsten war: dass er die Schulter wieder bewegen konnte, die Schulter-Schiene oder das gespendete Spielzeugauto, dass er keine Sekunde aus den Augen verlor.

Die Patienten werden in Zimmern mit 4-6 Betten untergebracht. Bettwäsche und Essen muss jeder selbst mitbringen. Das bedeutet, dass meistens die halbe Familie den kleinen Patienten begleitet. Bettwäsche ist die Ausnahme. Es wird auf dem Matratzenbezug oder auf dem Boden geschlafen. Das Essen besteht zu jeder Tageszeit aus Reis, manchmal (eher selten) mit Fischresten. Der Gestank und die hygienischen Verhältnisse in einem 4-6-Bettzimmer, wo etwa 15 Personen hausen, und Reis mit Fischresten essen, trotzen jedem Versuch der Beschreibung.

In Manambaro sind wir auf dem Klinikgelände in einem mit viel Charme, aber wenig Komfort, ausgestatteten Gästehaus untergebracht. Wir waren 8 Personen, die sich eine nur manchmal funktionierende Toilette teilten, ohne Dusche auskommen mussten aber immerhin einen blauen Plastikbecher zum Wasserschöpfen aus Eimern hatten. Das Menu war einfach, aber ausreichend.  Morgens Brot, Bananen, Kaffee oder Tee und Antimalariatablette, mittags Kaffee und abends Reis, Spaghetti, Bohnen, Gurken, und einmal ein Huhn, was wohl zuvor zu Fuß die 1200 km von Tana nach Manambaro gelaufen war. Geniale Diätkost. Fast alle haben gut abgenommen. Die von einem dankbaren Patienten gebrachten Langusten waren ein ausgesprochen willkommenes Geschenk!!

Trotz aller schwierigen Bedingungen ist Manambaro eine Perle. Es ist zwar anstrengend, dort zu arbeiten, aber wir wissen: wenn wir es nicht tun, passiert hier gar nichts.  Wir kommen wieder - versprochen!!

 

Dr. Gie Meyer Vandehult und ihr Team

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